Freedom-To-Operate (Ausübungsfreiheit)
Bevor ein neues Produkt entwickelt oder auf den Markt gebracht wird oder eine neue Dienstleistung angeboten wird, ist es sehr wichtig, mögliche Schutzrechte zu recherchieren, die dem zu entwickelnden Produkt oder Dienstleistung entgegenstehen. Der Inhaber eines entgegenstehenden Patents, Gebrauchsmusters oder auch Geschmacksmusters kann neben Schadensersatz auch eine Unterlassung des Vertriebs des Produktes oder des Anbietens der Dienstleistung fordern. Falls dem Wettbewerber von einem Gericht der Unterlassungsanspruch zugestanden wird, wurden sämtliche Aufwände für Entwicklung und Marketing vergeblich getätigt.
Eine Freedom-to-Operate-Analyse vermeidet Auseinandersetzungen über Schutzrechte mit den Wettbewerbern nach der Produkteinführung. Derartige Schutzrechtsauseinandersetzungen bergen erhebliche Kostenrisiken in sich und können zudem Kunden und potentielle Kunden verunsichern. Ein einmal erteiltes Patent kann nur mittels eines Einspruchs oder einer Nichtigkeitsklage aus der Welt geschafft werden, was sowohl mehrere Jahre dauern kann als auch kostenintensiv ist. Ein Gebrauchsmuster kann mit dem Löschungsverfahren und ein deutsches Geschmacksmuster kann mittels einer Löschungsklage und ein europäisches Gemeinschaftsgeschmacksmuster kann mittels eines Löschungsantrags beim OHIM/HABM gelöscht werden.
Am Anfang einer Freedom-to-Operate-Analyse wird üblicherweise eine Recherche nach bestehenden Schutzrechten, Schutzrechtsanmeldungen und sogenannter Nichtpatentliteratur durchgeführt, die dem Produkt oder der Dienstleistung entgegenstehen. Es kann auch älterer Stand der Technik recherchiert werden, der dazu führen kann, dass ein potentielles, beispielsweise schwer recherchierbares, Schutzrecht eines Wettbewerbers nicht rechtsbeständig ist. Ein solcher älterer Stand der Technik kann einem potentiellen Schutzrechtsinhaber außergerichtlich sowie im Einspruchs- oder Nichtigkeitsverfahren entgegengehalten werden.
Ein Rechercheergebnis ist in der Regel umso genauer, je mehr Aufwand und Kosten in die Recherche investiert werden. Zu beachten ist jedoch, dass es auch bei einer umfangreichen und sorgfältigen Recherche unmöglich ist, alle relevanten Dokumente aufzufinden. Es muss also in Abhängigkeit vom Produkt und Marktumfeld ein wirtschaftlicher Kompromiss zwischen Recherchekosten und einem eventuellen Restrisiko durch nicht recherchierte Dokumente gefunden werden. Das heißt, selbst bei einer sehr umfassenden Recherche kann ein Restrisiko durch nicht aufgefundene Dokumente bestehen bleiben. Beispielsweise ist es per se unmöglich, noch nicht veröffentlichte Patentanmeldungen zu recherchieren. Darüber hinaus ist es sehr aufwändig, internationale Patentanmeldungen in asiatischen Sprachen zu recherchieren und deren exakten Inhalt zu bestimmen.